Haushaltsrede 2017

Haushaltsrede 2017 der Fraktion der Freien Wählervereinigung im Gemeinderat, gehalten vom FWV-Fraktionsvorsitzenden Michael Koch anlässlich der Verabschiedung des Haushaltsplanes der Gemeinde Ubstadt-Weiher am 24. Januar 2017

Guten Abend miteinander! Lieber Bürgermeister, liebe Verwaltung, geschätzte Kollegen – hieß es vorhin – das sage ich auch, weil die Zusammenarbeit in den letzten Jahren wirklich klasse ist, vielen herzlichen Dank;
liebe Besucher,
Sie können froh sein, dass wir nur drei Fraktionen hier sind; gewisse Wiederholungen lassen sich nicht vermeiden, aber es soll auch so bleiben. Es sollen auch bei den nächsten Kommunalwahlen nicht mehr als drei Fraktionen im Gemeinderat sein. Daran arbeiten wir.
Es gebührt vielen Menschen der Dank unserer Fraktion.
Vor allem und vorweg unserem Bürgermeister, der viele Anregungen aufgenommen hat, die Klausur jedes Jahr durchführt, die auch hart erkämpft war, für den Wahrheit und Klarheit des Haushaltsplans wichtig sind und der „kaufmännisch“ mit Vorsicht agiert, das ist auch nicht überall so. In der Rede zur Einbringung des Haushalts hat er ganz deutlich gemacht, dass die harten Zeiten auch mit der Einführung des neuen Haushaltssystems erst noch kommen.
Herrn Rechnungsamtsleiter Friedel und seinem Team darf man recht herzlich danken, auch sehr fleißig, trotz teils schwieriger Informationslage.
Bei dieser Gelegenheit auch unser herzlicher Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rathauses, allen bei der Feuerwehr, dem DRK, der DLRG und auch der Polizei. Unserer Polizei vertraue ich übrigens uneingeschränkt. Sie ist unser Freund und Helfer.
Ganz wichtig auch unser Dank an alle Verantwortlichen und Aktiven der vielen Vereine unserer Gemeinde, an die Ehrenamtlichen, die unsere Gemeinde zu dem machen, was sie ist, nämlich unsere Heimat!
Alle Aufgaben, alle Ausgaben, alle Investitionen des Haushaltsplans 2017 wurden in einer Klausur und bei uns in vielen weiteren Sitzungen besprochen und priorisiert. Alle Beteiligten hätten sicher gern viel mehr auf den Weg gebracht. Geht aber leider nicht. Haushaltsplanung wird mehr und mehr zur Verwaltung des Mangels.
Wir alle im Gemeinderat sind auch nicht bereit, mehr Kredite aufzunehmen als für die Investition Verbundschule, was wir in unserer Fraktion auch sehr bedauern, aber notgedrungen der Kreditaufnahme zustimmen. Warum? Die Zinsen sind doch so niedrig, da könnte man doch fleißig Kredit aufnehmen. Ja, aber die Schulden sind auch irgendwann zurückzuzahlen und jeder Euro, auch wenn es 30 Jahre dauert, jeder Euro ist dann im Haushalt knapp.
Also: Schon vorweg: Zustimmung der Fraktion der Freien Wählervereinigung Ubstadt-Weiher zum Haushaltsplan 2017 mit allen Maßnahmen, die dann allerdings noch im Lauf des Jahres zur endgültigen Entscheidung vorgelegt und diskutiert werden. Viele Details wurden netterweise von den Vorrednern schon aufgeführt, so dass ich mich in manchen Dingen ein bisschen kürzer halten kann.
Was uns von der Freien Wählervereinigung allerdings fehlt, ist das große Ganze. Immer noch. Für Ubstadt-Weiher gibt es kein klares Ziel. Wo wollen wir hin, was wollen wir erreichen? Was können wir erreichen?
Ich sage es ganz plakativ: Alles soll so bleiben, wie es ist. Nur besser. Und die Probleme des „Tagesgeschäfts“ sind zu lösen. Da ruft man schnell in der Gemeinde an und dann rennen sie schon. Das reicht aber nicht, um einen sicheren Weg in die Zukunft zu gehen.
Der letztlich von uns initiierte Leitbildprozess mit der Möglichkeit für alle und jeden mitzumachen, der war richtig und wichtig. Er brachte als wichtigstes Ergebnis eine sehr hohe Zufriedenheit der Bevölkerung zum Ausdruck. Allerdings auch eine lange Liste von Hoffnungen und Wünschen. Diese nehmen wir sehr ernst und versuchen, sie auch abzuarbeiten.
Die Wohnungsnot war und ist das wichtigste Anliegen.
Könnte die Gemeinde, wie wir wollten, dann wären die weit über 300 Baulücken dran. Neue Baugebiete wären auf lange Sicht nicht nötig. Der ganze Aufwand, die Arbeit der Verwaltung, die Kosten, der potentielle Ärger – all das könnten wir uns sparen, und Fläche noch dazu.
Dank den Eigentümern der Baulücken, die teils schon seit Jahrzehnten auf die bauwilligen Enkel und Urenkel warten oder einfach nur Vermögen bunkern, sind wir als Gemeinde gezwungen, Flächen zu verbrauchen, neue Baugebiete auszuweisen. Vielleicht werden es am Ende 150 Plätze, statt der 300, die ohnehin schon zur Verfügung stehen. Aufgrund der schlechten Erfahrungen der Vergangenheit – eben mit diesen Eigentümern, mit der sogenannten Bevorratung von Bauplätzen – ist eine Bauverpflichtung für neue Baugebiete unumgänglich. Das sind wir übrigens auch der gesamten Bevölkerung schuldig, die einen nicht geringen Anteil an den Kosten der großen Infrastruktur wie Kläranlagen usw. auch mitträgt.
Mein Tipp an die Bevorrater bestehender Baulücken: Verkaufen Sie jetzt! Jetzt bekommen Sie am meisten für Ihren Bauplatz. Die Zinsen werden steigen, das Flächenangebot nimmt zu. Kommen Sie dem zuvor und ermöglichen Sie schon heute den vielen Bauwilligen, ihre Träume zu erfüllen. Oder bauen Sie selbst und vermieten. Die Nachfrage ist hoch! Ob an der B3 oder mitten in bestehenden Wohngebieten.
Mein Hinweis an die Ackerlandeigentümer, die sich wegen der anstehenden Bauverpflichtung offensichtlich schon beschweren: Seien Sie froh, dass Ihr Stück im Baugebiet liegt. Darauf haben Sie doch jahrzehntelang gewartet. Bingo! Jetzt ist es so weit. Der Nachbar außerhalb des Baugebiets wäre gern in Ihrer Lage. Und wenn Sie trotzdem nicht wollen: Mir wäre, und das haben wir auch bei anderer Gelegenheit schon angesprochen, in Ubstadt das Gebiet Hühnerberg aus vielen guten objektiven Gründen eh viel lieber. Dann strengen wir eben ein Änderungsverfahren für den Flächennutzungsplan an. Das dauert länger, ist aber möglich.
Manche Dinge, die nerven ohne Ende, das kann ich Ihnen sagen.
Als Ergebnis der Leitbildentwicklung sind aber auch viele Wünsche dabei, die eine politische Gemeinde schlicht und einfach alleine nicht erfüllen kann. Gaststätten wird sie weder betreiben noch subventionieren. Vor allem aber können nicht in allen vier Ortsteilen gleichzeitig große Gestaltungs- und Sanierungsarbeiten laufen, das übersteigt unsere Möglichkeiten. In Stettfeld dauert alles noch ein gutes hartes Jahr, dann wird für länger relative Ruhe sein. In Zeutern tut sich schon jetzt einiges, im Rahmen des Landessanierungsprogramms wird auch dieser schöne Ortsteil noch beliebter werden. In Weiher und Ubstadt geschieht auch sehr viel, man sieht halt manchmal leider nicht, was. Die Sanierung der Mehrzweckhalle in Weiher für über eine Million Euro sei als unsichtbares Beispiel genannt. Und im Herbst geht die Trinkwasserenthärtung in Betrieb! Jawohl, endlich ist es soweit. Und es werden mit Sicherheit Gespräche geführt in der Verwaltung, die sind aber nichtöffentlich, mit
Investoren, die interessiert sind, in Ubstadt oder Zeutern einiges zu bewegen. Und wenn die Zeit gekommen ist, wird es auch sicherlich öffentlich.
Es ist schlicht und einfach extrem ärgerlich: Es gibt ein Plus von Bund und Land usw. von 17 Mrd. €, das wird kräftig hinausposaunt, aber wir in Ubstadt-Weiher müssen sparen, wo es nur geht. Umgerechnet sind die 17 Mrd. € bei 13.200 Einwohnern rund 2,8 Mio. €! Es wäre geschickt, wenn wir die hätten! Das versteht kein Mensch, trotz der Erklärungen! Ich sage Ihnen: Weil Bund und Land bestellen, aber nicht alles bezahlen! Unsere Abgeordneten in Land- und Bundestag müssen an ihre Wurzeln erinnert werden und sich für uns einsetzen! Die Briefe sind im Werden.
Beispiele:
· Kinderbetreuung – die Kosten kennen nur alle nur einen Weg, nach oben! Und immer wieder fällt der Bundesministerin oder wem auch immer etwas Neues ein, was sie den Kommunen auftragen kann.
· Schule – wir haben halt leider die politisch falsche und damit geringere Zuschüsse.
· Brandschutz – die Regeln erscheinen teils übertrieben, die Kosten sind es allemal. Mehrzweckhallen, Schulen, öffentliche Liegenschaften, Rathaus. Überall schlägt es mit hundert Tausenden zu Buche. Beim Rathaus kann man vielleicht auch gewisse Ausweichmöglichkeiten in Betracht ziehen; schauen wir mal.
· Katastrophenschutz – Notstromversorgung, Kommunikationsinfrastruktur.
· Hochwasserschutz – hoffentlich sind wir da bald über dem Berg. Aber zäh, zäh zäh.
· Viele weitere Aufgaben, die mit viel Arbeit verbunden sind und die es vor wenigen Jahren noch gar nicht gab. Ich sage nur „Gesplittete Abwassergebühr“. Ich habe mir sogar mal die Mühe gemacht, das macht man als Gemeinderat, und habe das Urteil von 2010 herausgesucht, über zehn Seiten, eng beschrieben. In Absatz steht: „Ein unverhältnismäßiger und damit nicht mehr zu vertretender finanzieller Kostenaufwand ist mit der Abrechnung nicht verbunden.“ Herr Friedel: einverstanden? Nicht ganz. Uns so geht es reihenweise weiter, und bei uns bleibt es hängen.
Und beim Landkreis. Dem geht es genauso: Viel Arbeit, viel mehr Aufgaben, und bekommt aber weniger Geld von oben. Also muss es von unten kommen. Und weg sind weitere 160 Tausend.
Das Schlimme. 2016, 24. September: Der Bund plant weitere Wahlgeschenke! Es ist wie in der Vergangenheit zu erwarten, dass sie zu Lasten der Kommunen und auch der Wirtschaft gehen.
Apropos Wirtschaft: In Deutschland genießen wir Wachstum sechs Jahre in Folge. Steuern sprudeln. Noch immer.
Mehr Arbeitsplätze, weniger Arbeitslose, mehr Rente, mehr Konsum – uns geht es doch richtig gut!
Trotzdem herrscht Unzufriedenheit. Unglaublich. Getrieben hauptsächlich durch Ängste, diesen erreichten, weltweit einzigartigen Wohlstand nicht halten zu können. Ein bisschen weniger würde es auch tun, aber da machen wir uns Riesensorgen und rennen an die Wand. Allerdings sind diese Ängste häufig verursacht schlicht durch Hetze, Gier und Neid.
Dazu kommt, dass man im Netz jedem Ärger spontan und ohne Überlegung Luft machen kann, ohne Anstand, ohne Demut und ohne Respekt. Gerne auch postfaktisch, also schlicht gelogen. Das ärgert mich, das ärgert viele! Auch deshalb,
weil es Politiker insbesondere am rechten Rand gibt, die das gerade ausnutzen. Die respektlos und niederträchtig agieren und in einer unverschämten Dreistigkeit. Ohne allerdings für die Menschen wirklich etwas zu tun.
Man sollte mal wieder Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“ lesen.
Der neue Präsident der USA macht dies leider medienwirksam vor. Und in Bezug auf sein Land sagt er „America first“. Ein Land „über alles“ in Verbindung mit Protektionismus und Abschottung hat bislang immer in eine Katastrophe geführt. Schierer Egoismus und Verlust von Moral und Demut. Aber auch viele andere Ehrgeizlinge der großen Politik reden das Selbstbewusstsein ihrer Nation klein, um im gleichen Atemzug als Heilsbringer mit einfachen Maßnahmen mögliche Größe zu versprechen. Am Ende ausschließlich zum eigenen persönlichen Vorteil.
Was hat das mit uns hier zu tun? – Sehe ich grade in den Gesichern. Unser Wohlergehen hängt wesentlich ab von internationaler Zusammenarbeit und internationalem Handel. In die Industrie zu über 50 %. Ohne die können hier noch so viele brillante Handwerker oder innovative junge Unternehmer sein, eine Rezession würde auch uns in Ubstadt-Weiher treffen. Spätestens dann heißt es – und jetzt sind wir ganz klar wieder beim Thema – für die Gemeinde, noch mehr zu sparen. Es kommt weniger von oben. Von unten wird noch mehr verlangt.
Die zeitaufwändigen Sitzungen der Haushaltsstrukturkommission haben es sehr deutlich gemacht: Es gibt so gut wie keine Möglichkeiten, ohne Schmerzen zu sparen. Kaum welche Möglichkeiten, die vom Betrag her entscheidend wirken. Die größeren sind keine einfachen. Beispiele:
· Kinderbetreuung einschränken? Das große Plus unserer Gemeinde schwächen?
· Personal der Gemeindeverwaltung: Der größte Kostenblock. Aber: Heute schon knapp, bei zunehmenden Aufgaben kaum reduzierbar.
· Verbundschule: Darf der großzügige Umbau aufgrund des absehbaren hoffentlich noch vermeidbaren Endes der Werkrealschule in Frage gestellt werden? Man müsste es nochmals aufrollen, ich denke, man müsste es nochmals diskutieren.
· Das Freizeitzentrum Hardtsee ist der besondere Luxus unserer Gemeinde und auch der Bevölkerung. Anderswo wird eine solche Einrichtung nicht durch die Kommune betrieben, auch nicht als Eigenbetrieb, aber ist das Anlass zu Aufruhr?
· Vereins- und Jugendförderung: Mehrere hunderttausend Euro pro Jahr fließen. Doch wo und wie ansetzen, um die bunte Vielfalt nicht zu ruinieren?
· ÖPNV: Von Jahr zu Jahr steigen die Kosten massiv. Wer akzeptiert eine geringere Frequenz, wer akzeptiert weniger Haltepunkte? Der S-Bahn-Haltepunkt Stettfeld-Weiher kommt, er ist nicht mehr in Frage zu stellen.
· Die Liegenschaften Kelter Ubstadt, Fachwerkhaus und Firstständerhaus Zeutern, auch die ehemaligen Rathäuser und heutigen Vereinshäuser kosten in jedem Jahr richtig Geld, weit im sechsstelligen Bereich, auch wenn dies damals, zu jener Zeit, anders versprochen war. Verkaufen?
· Sollen, ja müssen wir Steuern und Gebühren erhöhen?
· Oder gar einen Ordnungshüter durch die Gemeinde schicken, um Strafzettel zu verteilen?
Jede Aufgabe, jedes Ressort, alles wurde in der Haushaltsstrukturkommission auf den Prüfstand gestellt. Auch hier darf ich danken der Gemeindeverwaltung und den beteiligten Gemeinderäten aller Fraktionen. Wir können nur inständig hoffen, dass wir nicht gezwungen sein werden, hier in diese Themen einzugreifen. Aber ich musste
hier die Themen ansprechen, auch um klar zu zeigen, dass wir uns der Verantwortung bewusst sind und uns sehr ernsthafte Gedanken machen.
Momentan sieht es ja noch richtig gut aus. Im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten bewegen wir in Ubstadt-Weiher doch eine ganze Menge. Sogar Internet soll irgendwann per Glasfaser in die Betriebe und Häuser kommen. Unbedingte Voraussetzung für die Digitalisierung, den unaufhaltsamen Trend der Wirtschaft.
Wichtiger denn je sind in der heutigen Zeit persönliche Kontakte über Grenzen hinweg. Unsere Partnerschaften nach Frankreich und Ungarn sind – gerade im Jubiläumsjahr – für die friedenstiftende Idee „Europäische Union“ Gold wert. Leute wie Orbán und LePen wollen uns die nehmen! Persönliche Kontakte und Freundschaften helfen, Vorurteile auszuräumen und – das Allerwichtigste – den Frieden, den wir genießen dürfen, zu bewahren. Ich lade alle ein, diese Möglichkeiten zu nutzen!
Das gilt auch und insbesondere beim Thema Flüchtlinge und Fremde generell. Jeder ist ein Mensch!
Trotz der vielen Einschränkungen und teils haushalterisch trüben Aussichten meine ich, dass wir in Ubstadt-Weiher mit Zuversicht nach vorne schauen können, auf jeden Fall müssen. Als Einheit, zwar vier Teile, doch ein Ganzes. Ohne gegenseitigen Neid, ohne Geiz und ohne Gier. Hier und heute. Mit dem Ziel, unsere Gemeinde auch in schwierigen Zeiten weiter voran zu bringen. Gehen wir das neue Jahr an mit der vorgelegten Planung. Und bleiben wir trotz der vielen Risiken, oder gerade wegen ihnen, einfallsreich und optimistisch. In Ubstadt-Weiher, Germany!
Danke!

 

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