Am 24.07.23 durften wir im Nebenraum des Ritters in Ubstadt Herrn Johannes Sauer und seine Frau begrüßen. Rund 25 Interessent:innen lauschten den Erklärungen und Ausführungen des Referenten und stellten in einem regen Austausch gezielte Nachfragen zur Thematik „Wohnen auf kleinem Raum“.


Umrandet wurde der Abend von den einleitenden Worten von Martina Keller, welche den ortsnahen Experten vorstellte und ihm abschließend, im Namen unseres Vereins, eine Kleinigkeit aus Ubstadt-Weiher übergab.
Was ist ein Tiny House?
Tiny Houses (tiny = klein/winzig; houses = Häuser) kommen, wie es schon der Name sagt, aus den USA und wurden da 2007 erstmals gezielt umgesetzt. Man unterscheidet zwischen portablen und feststehenden Tiny Houses. Laut Definition beträgt die Größe „tiny“ bis maximal 50m². Herr Sauer unterschied hierbei drei verschiedene Typen. Typ 1 hat die Möglichkeit sich fortzubewegen, steht auf Rädern und gestaltet das Innenleben auf zwei Ebenen. Typ 2 hingegen ist auf einer Ebene, wohnortgebunden und durch die entsprechend größeren Maße in der Möglichkeit, „mal schnell“ den Standort zu wechseln deutlich eingeschränkt, wobei der Geschäftsleiter von Tiny-House-Heidelberg dies stark in Relation setzte und romantische Vorstellung von „Heute hier und morgen dort“ zerschlug. Als letzten und in Richtung Zukunft vielversprechende Variante nannte er Typ 3 die sogenannten „Modulhäuser“. Letztere sind anhand zusammensetzbarer und verbindbarer Modulelemente flexibel in der Gestaltung und Installation. Wert lege er selbst bei all seinen Projekten entgegen des „Camper-Styles“ auf vollausgestattete Bäder, bei welchen man sich zum Duschen aufrecht stellen kann.
Warum ein Tiny House?
Der aktuelle Trend zeigt sich derzeit weg von Konsum und Masse hin zur Einfachheit und wenig Besitztümern. „Simplify your life“ (frei übersetzt „vereinfache/entschlacke Dein Leben“) ist hier das Motto. Viele Menschen suchen zudem in Hinblick auf die weltweite Überbevölkerung nach Wohnraum. Auch in unserer Gemarkung ist der Bedarf nach Wohnungen groß, warum wir uns bewusst für dieses Thema entschieden haben. Man achtet seit den letzten Jahren zunehmend auf den eigenen ökologischen Fußabdruck, reflektiert Konsum und Flächenverbrauch. Attraktiv zeigt sich hier die Idee eines Tiny Houses. Pluspunkte: es bedarf keiner weiteren versiegelten Fläche, man ist flexibler hinsichtlich des Standortes und könnte bei Bedarf diesen nochmal verändern, die Kosten sind überschaubarer als beim Bauprojekt eines ganzen Hauses, man kann Eigentümer ohne Grundbesitz sein, auch eine kurzfristige Nutzung von innerörtlichen Baulücken wäre möglich, die Rohstoffe sind nachhaltig und recyclebar, die Community schützt vor Vereinsamung, bei korrekter Bauweise und mit den richtigen Materialien sind Tiny Houses langlebig, … . Doch neben all der positiven Stimmen und Seiten sind die derzeitigen Nachteile ebenfalls anzubringen. Noch ist der Prozess hinsichtlich Genehmigungen und Umsetzungen recht komplex. Herr Sauer machte hingegen im Rahmen seines Vortrags Hoffnung auf Veränderung: der Tiny House Verband setze sich derzeit für Vereinfachungen des Baurechts ein, um Genehmigungsverfahren unkomplizierter zu gestalten.
Was braucht ein Tiny House?
Neben erforderlichen Anschlüssen ist, je nach Typ des Objektes, besonders auf das GEG (=Gebäudeenergiegesetz) zu achten. Maße hinsichtlich des Transports sind sowohl im Bereich der Größe als auch des Gewichts zu berücksichtigen. Die Genehmigungsanforderungen entsprechen in etwa denen eines „gewöhnlichen“ Bauvorhabens und auch die Vorstellung der „Billigalternative Tiny House“ ist unrealistisch. Der Kostenfaktor bei einem Tiny House belaufe sich etwa auf 75.000 – 85.000 €, Modulbauten seien etwa bei 100.000 € angesiedelt. Als Pächter eines Grundstückes kommt zudem auf den Preis des Eigentums „Wohnung“ noch die jährliche Pacht hinzu. Während feststehende Umsetzungen durch einen Baukredit (mit)finanziert werden können, ist hier für die beweglichen Varianten Verbraucherkredit das entsprechende Mittel der Finanzierung. Zu berücksichtigen sei, so merkte der Referent zudem an, dass das Wohnen auf kleinem Raum (der Durchschnittssingle lebe aktuell etwa auf 67m²) zu Spannungen führen kann. Seine Empfehlung sei daher, diese Variante als Einzelperson oder lediglich Paar mit Ausgleichsmöglichkeiten umzusetzen. Die derzeitigen Hauptinteressenten seien Personen im Ruhestand („Familie hinter sich“) oder kinderlose Paare („Familie vor sich“). Außerdem ist entsprechend unseres Baurechts anzumerken, dass pro Wohneinheit zwei Stellplätze zur Verfügung gestellt werden müssen und auch vorgegebene Baufenster und Lagepläne die Bauprojekte deutlich einschränken, wenn auch nicht zerschlagen können. Die mobilen Varianten haben zudem noch eine weitere Anforderung, welche man berücksichtigen sollte: Das ganze Gefährt muss vom TÜV abgenommen und zugelassen werden. Entsprechende Vorgaben bezüglich Sicherheit und Maßen sind daher dringend einzuhalten. Die Garantie, welcher Tiny-House-Heidelberg für seine Artikel gewährt, beträgt für Tiny Houses on wheels zwei Jahre (da es sich hier rechtlich um eine Sache handelt) und bei den Modulbauten fünf Jahre.
Wie ist ein Tiny House aufgebaut?
Ob Abwasser- oder Trocken-Trenn-Toilette, den eigenen Wünschen und Interessen sind keine Grenzen gesetzt. Verpflichtend ist hingegen der Anschluss, daher kann man Tiny Houses nicht einfach in der Prärie platzieren. Gedämmt wird meist mit Holzwolle oder anderen nachhaltigen Materialien. Die Beheizung erfolgt durch Infrarotpanels und ist durch den kleinen zu erwärmendem Raum ebenfalls nachhaltig und in Bezug auf den Klimaschutz positiv zu bewerten. Fossile Energiequellen sind hier nicht, bzw. wären nur mit erhöhtem Aufwand zu finden, vielmehr ist die Ausstattung mit Fotovoltaikanlagen häufig zu beobachten. Die Fassaden werden teilweise durch Holz oder Aluminiumblech verkleidet. Letzteres zeichnet sich durch das geringere Gewicht aus, welches besonders bei „on wheels“ Varianten zu berücksichtigen ist.
Zusammenfassung
Neben den verschiedenen Typen und Arten von Tiny Houses berichtete Herr Sauer von den Grundbedingungen für ein solches Projekt. Die romantische Vorstellung eines kleinen Häuschens in der Wildnis sei hier kaum Realität, vielmehr gehe es um Genehmigungen und Beantragungen, wie bei einem „richtigen“ Eigenheim. Mögliche Standorte hierfür können Sondergebiete oder Bereiche zum dauerhaften Wohnen sein (Tiny House Resort oder Baugrundstücke). Auf Nachfrage aus der Hörerschaft berichtete er hierzu, dass aktuell keine konkreten Vorhaben hinsichtlich eines Tiny House Resorts in der Nähe bestünden. Auch die erforderlichen Anschlüsse seien hier nicht zu unterschätzen, obwohl der Trend nach autarker Energiegewinnung und Nachhaltigkeit vorherrsche. Der Phantasie seien keine Grenzen gesetzt, was der Referent uns anhand verschiedener Beispiele erklären, aber auch zeigen konnte.
Das Tiny House als einzige Lösung für den Wohnbedarf? Hier zog Herr Sauer konkret die Grenze und machte sich für eine vielseitige Wohnungslandschaft stark. Zukunftsfähig erachtete er zusammenfassend besonders das sogenannte „Modulhaus“, welches durch die Kopplung verschiedener Module miteinander deutlich mehr Flexibilität hinsichtlich der Gestaltung aber auch Installation bringe. Auch hier konnte Herr Sauer anhand anschaulicher Beispiele ein Gefühl dafür erwecken, wie grenzenlos solche (Eigen-)Projekte gestaltet werden könnten. Von einem Vorhaben „selbst Hand anzulegen“ riet er hingegen ab. Ohne das fachkundige Know-how seien sowohl die rechtlichen Vorgaben bezüglich der Maße als auch der Aspekt der Dämmung nur schwer einzuhalten. Im Internet habe er hierzu bereits viele „Schimmel-Beispiele“ entdeckt und sei von verzweifelten Heimwerker:innen kontaktiert worden. Bei korrekter Bauweise seien Modulhäuser/Tiny Houses nicht nur nachhaltig, sondern auch langlebig.
Möglichkeiten für Ubstadt-Weiher?
Besonders durch unsere offenen innerörtlichen Baulücken scheint eine Umsetzung von kurzfristigen Tiny House Plätzen sinnvoll. Inwieweit dies hingegen Liebhaber und Interessenten auf beiden Seiten (Verpächter und Pächter) findet und welche Hürden seitens der Genehmigungen und Beantragungen noch überwunden werden müssen, ist derzeit schwer abzuschätzen. Grundlegend ist diese Idee hingegen als Resümee des Abends in die weitere kommunale Gestaltung und Ideenvielfalt aufzunehmen. Hierbei zeigten sich besonders die Modulhäuser in ihren sämtlichen Variationen und Facetten als charmante Alternative und Idee. Vorwiegend auch, weil verschiedene Nutzungsarten entsprechend der Bedarfe möglich sind und diese auch mehrgeschossig umgesetzt werden könnten.
Abschließend merkte Herr Sauer außerdem an, dass es einer Aufklärung hinsichtlich „Wohnen auf kleinem Raum“ bedürfe, um auch Vorurteilen entgegenzuwirken und alte Zöpfe hinsichtlich Ortsbildgestaltungen zu lockern. Dies habe sich zwar in den letzten Jahren weiter verändert, stoße aber dennoch immer wieder auf Gegenströmungen seitens der Bevölkerung.
Wir danken dem Referenten, wie auch allen interessierten Menschen, welche diesen informativen Abend mitgestalteten. Es war ein sehr aufschlussreicher Themenabend, bei dem man mit einem realistischeren Blick auf die romantische Vorstellung eines „Tiny Houses“ blicken durfte.
Nähere Infos über Herrn Sauer und seinen Betrieb „Tiny House Heidelberg“ finden Sie online auf der Seite www.tiny-house-heidelberg.de.
